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Nachtrag Eras

Paulsdorfer Heide

zur Entstehungsgeschichte des Kletterklub`s der Kanzeltürmer

Wie im März versprochen, hier die Geschichte des Eras in der Paulsdorfer Heide, dem ersten Klubgipfel der Kanzeltürmer. Danke an einen Bergfreund, der mir den geschichtlichen Hintergrund zur Verfügung gestellt hat. Ich fand die Geschichte sehr interessant und möchte sie Euch auszugsweise nicht vorenthalten.

Aus der Geschichte des sächsischen Klettersportes

Entstehung des Klubs Kanzeltürmer

Einer der Klubgründer und langjährige Vorstand, Fritz Grasselt, hat anlässlich des 60. Stiftungsfest 1971 die Entwicklungsgeschichte des Klubs niedergeschrieben. Fast ungeändert folgend die Abschrift.

Ausgang unseres Vereinslebens war der Turnverein „Volkswohl“, dem ich schon als Schuljunge inoffiziell angehörte. Kinder durften seinerzeit in keinem Verein aufgenommen werden. Ostern 1911 wurde ich aus der Schule entlassen und im gleichen Jahr der Grundstein für unseren heutigen Klub gelegt.

In unserem Turnverein war damals ein schon etwas älterer Junggeselle (22 Jahre!), Johannes Kühn, der hatte sich zum Ziel gesetzt, innerhalb des Vereins eine Wandergruppe zu bilden. Außerdem hatte diese aber auch noch andere Ziele, die da waren: Museumsbesuche durchzuführen, Rohrstöcke sollten beschafft werden, um Fechten zu lernen, und ähnliche Scherze. Ganz besondere Lorbeeren erntete er, als er einmal eine Heidewanderung nach dem ‚Schwarzen Kreuz’ führen wollte und wir dieses nicht fanden.

Es wurde also beschlossen, innerhalb des Turnvereins einen Verein zu gründen. Am 18.11.1911 entstand mit 8 Mitgliedern die „Wandergruppe des Turnvereins Volkswohl“. Wie aus dem Kassenbuch hervorgeht, wurde aus Anlass dieses ‚großen Ereignisses’ auch eine Tellersammlung durchgeführt, welche die stolze Summe von -,17 Mark ergab. Lobend erwähnen muss ich allerdings, dass die Wandergruppe nicht müßig war, sondern wirklich viele und schöne Wanderungen durchführte. Dieses geht auch aus dem noch vorhandenen Tourenbuch hervor, welches im Archiv aufbewahrt wird.

Bei einer dieser Wanderungen, die nach Seifersdorf am Rabenauer Grund führte, wurde auch der ‚Erasfelsen’ entdeckt, einem kleinen Sandsteinfelsen in der Paulsdorfer Heide. Von diesem Tage an spukte in einigen Köpfen der Klettergeist. Aber erst im Mai oder Juni 1912 (21.April), als wir wieder einmal nach Seifersdorf gefahren waren, kam dieser zum Durchbruch. Ein Teil der Mitglieder hatte unter Todesverachtung und ohne Seil den ‚Erasfelsen’ bestiegen. Diese Tat brachte die erste Umwälzung in unser Vereinsleben.

An Ort und Stelle wurde beschlossen, den bisherigen Vereinsnamen abzulegen und sich nun „Touristen-Club Eras 1911“ zu nennen.

Bereits eine Woche später waren wir wieder auf dem Weg nach Seifersdorf, mit einer Gipfelstange und einem Gipfelbuch bewaffnet, um dem Gipfel die richtige Weihe zu geben. Zu einer Gipfelstange gehörte aber auch eine Fahne. Deshalb machten sich einige Bergfreunde auf den Weg nach Seifersdorf, um ein Stück Leinenstoff zu kaufen. Unser Vorstand, von Beruf Schneider, nähte im Angesicht unseres stolzen Klubgipfels eine Fahne und mit Tintenstift wurde der Entwurf eines Klubabzeichens daraufgemalt mit dem Wort „ERAS“.

In Ermangelung eines Kletterseiles beschränkte sich unsere Klettertätigkeit auf einen, nämlich den Klubfelsen. Was aber zu einem richtigen Verein gehört wurde angeschafft, nämlich gedruckte Mitgliedskarten und Vereinsabzeichen. (Ein Exemplar befindet sich in der Abzeichensammlung des SBB).

Die Freude über unseren neuen Klubnamen sollte aber nicht lange anhalten. Anfang 1913 erhielten wir vom Sächsischen Bergsteigerbund ein Schreiben, in welchem auf unseren lächerlichen Gipfel hingewiesen und wir aufgefordert wurden, dem SBB beizutreten. Leicht geknickt ob dieses Schreibens gingen wir daran, abermals eine Namensänderung vorzubereiten. Wer auf die glorreiche Idee verfiel, den Kanzelturm als Klubgipfel vorzuschlagen, weiß ich heute nicht mehr. Ein Bergfreund hatte jedenfalls eine Postkarte mit der Ansicht des Kanzelturmes mit und, da uns dieser gefiel, kam der Name „Eras“ in die Versenkung und dem Bund wurde mitgeteilt, dass unser Klub nun den Namen „Kletterklub Kanzeltürmer 1911“ führen würde.

Bemerken muss ich noch, dass sich der Klub in der Zwischenzeit ein 40-m-Seil zugelegt und in der Sächsischen Schweiz die ersten Gipfel erstiegen hatte. Die ersten Besteigungen des Kanzelturms durch den Klub erfolgten am 15. Februar 1914  und am 12. April 1914 sowie von dann an regelmäßig.

Wenn auch unser Kurt Stiller, der in den ersten Jahren der Hauptmatador des Klubs war, nicht schlecht gewesen ist, so setzte doch der richtige Kletterbetrieb erst ein, als Albert Lingenauer in unsere Reihen eintrat. Viele schöne und auch schwere Gipfel haben wir mit ihm erstiegen, und ich kann sagen, dass gerade ich viel als zweiter Mann mit ihm geklettert bin.

Besonders denke ich hier an die 3. Begehung des Südwestweges am Falkenstein. Strubich, der vor uns die 2. Begehung seines Weges gemacht hatte, stieg sofort ab, als er uns zwei Rotzer auf dem Gipfel aussteigen sah.

Als dann der erste Weltkrieg kam, musste auch unser Klub einen großen Teil seiner Mitglieder ins Feld ziehen sehen. Fünf Mann kehrten nicht zurück und unser Hans Pommer, einer unserer besten Bergkameraden, erlag in der Heimat einem zugezogenem Leiden.

Dank der Tatkraft der nicht eingezogenen Bergkameraden hatte der Klub den ersten Weltkrieg überlebt. Es setzte wieder ein reges Klubleben ein, als sich nach und nach neue Mitglieder zu dem alten Stamm fanden.

Viele schöne Bergfahrten und frohe Stiftungsfeste wurden in den folgenden Jahren durchgeführt. Höhepunkte im Klubleben wechselten ab mit Niedergängen, aber nie kam es soweit, dass der Bestand des Klubs irgendwie gefährdet gewesen wäre.

Dann kam der zweite Weltkrieg. Die Mitglieder, die den Klubabend miterlebt haben, werden sich noch gut dieses Freitags entsinnen, als ein Mitglied nach dem anderen aus dem Klub geholt wurde. Teils durch die Ehefrau, teils telefonisch abberufen, schmolz das Häuflein der Klubkameraden immer mehr zusammen.

Wieder waren es einige Bergfreunde, die vom Militär verschont geblieben, die Klubgeschäfte weitergeführt und den Verein über die Kriegsjahre gerettet hatten. Jedoch auch der zweite Weltkrieg hatte wieder seinen Blutzoll beim Klub gefordert. Drei Bergfreunde waren nicht zurückgekehrt und ein großer Teil der Mitglieder war durch das zurückgelassene Chaos in andere Gegenden oder gar Interessensphären zerstreut worden. Das meiste Klubinventar fiel in unserem Klublokal dem Bombenterror zum Opfer. Klein war das Häuflein, das sich nach Kriegsende wieder zusammenfand und schwer war es, Kontakt mit gleichgesinnten Bergfreunden zu finden, denn zurückgeblieben waren fast nur ältere Bergkameraden.

An neuen Mitgliedern mussten wir zunächst nehmen, was sich fand. Manchmal blieben sie nicht lange, aber ab 1948 stießen dann Bergfreunde zu uns, die fast ausnahmslos bis zum heutigen Tage dem Klub treu geblieben sind. Vor allem muss ich erwähnen, dass sich unter diesem Nachwuchs sehr gute Steiger zusammengefunden haben, die fast alle schwere und schwerste Wege geführt haben. Einige von ihnen konnten sich sogar mit Erstbegehungen in die  Gipfelbücher eintragen.

Nachdem ab 1964 eine gewisse Stagnation im Zuwachs an Mitgliedern eingetreten war, bestand bis vor einigen Jahren die Sorge, dass der Abstand zwischen Überalterung und Anschluss an jungen Nachwuchs zu groß würde. Dank der Initiative von einigen Bergfreunden, besonders von Frieder Spranger, haben wir heute in unseren Reihen jungen Nachwuchs bekommen. Ich hoffe, dass sich unsere Jungen zu echten Bergsteigern entwickeln, das heißt, dass sie das Klettern nicht nur als vorübergehendes Erlebnis betrachten, sondern den Bergen und unseren Klub die Treue halten bis ins hohe Alter. In diesem Sinne danke ich allen Bergfreunden, die diese Treue bereits unter Beweis gestellt haben und bereits auf bis zu 60-jährige Mitgliedschaft zurückblicken können.

Zum Schluss habe ich nur noch den Wunsch, dass der Kameradschaftsgeist, der in unseren Reihen herrscht, niemals erlöschen soll, und der Zusammenhalt, der unseren Klub auszeichnet, immer bestehen bleibe. Von der Jugend erwarte ich, dass, wenn wir Alten einmal abtreten müssen, sie in die Bresche springen, um dem Klub ein ewiges Leben zu sichern.

Fritz Grasselt , 1971

Also wer mal Lust hat, den Eras zu besuchen kann dies mit einer schönen Rundwanderung oder einer Kletterrunde durchführen, beides sehr zu empfehlen! Die in der Nähe stehenden Gipfel Einsiedler und Solist warten auf Euch.

Berg Heil Hardy

Eine Antwort auf „Nachtrag Eras“

Da ich die Geschichte nicht kannte, war es sehr informativ dies zu lesen.
Danke
Profi

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